Der Koloss von Rhodos: Geschichtliche Reise nach Griechenland

Rhodos trägt nicht umsonst den Beinamen „die Sonneninsel“: Der Sonnengott Helios wurde von den Insulanern als Beschützer verehrt – da war es nur allzu logisch, dass sein Antlitz auch als Vorbild für das dereinst errichtete Weltwunder benutzt wurde. Wer das Eiland bereist, darf sich an der Suche nach dem Monument beteiligen.

Mit List zum Sieg

Am Ende des 4. Jahrhunderts vor Christus sahen sich die Rhodier einer großen Herausforderung gegenüber. Der erfolgreiche makedonische Feldherr Demetrios I. Poliorketes belagerte ihre Stadt. Anfänglich hielten die Mauern zwar, doch die Eindringlinge hatten bereits eine kleine Schneise geschlagen. Dann brach die Nacht herein und das Schlachtengetümmel wurde ob der schlechten Sichtverhältnisse eingestellt.

Die schlauen, aber in militärischer Hinsicht völlig unterlegenen Rhodier sollen sich eine List überlegt haben, im Zuge derer sie sich die Stärke des Feindes zu Nutze machten. Im Schutz der Dunkelheit hoben sie einen tiefen Graben aus. Und zwar an genau jener Stelle, da die Makedonier ihre Stadtmauer bereits durchbrochen hatten. Am nächsten Tag lenkten die Angreifer ihre schweren, aus Gusseisen gefertigten Kriegsmaschinen Richtung Stadt und fielen in den Graben. Die gigantischen Vehikel versiegelten die Schutzmauer und Demetrios I. Poliorketes erkannte, dass er diese Stadt nicht erobern konnte.

Wie Waffen zu einem Monument wurden

Auch wenn die Legende über den Sieg der Rhodier keiner geschichtlichen Prüfung standhält, gehört sie zu den berühmtesten Erzählungen der Antike. Um ihrem Schutzgott Helios zu danken, wollten ihm die Insulaner ein Denkmal errichten. Sie schmolzen das Eisen der Belagerungsmaschinen ein und fertigten daraus den sagenumwobenen Koloss von Rhodos. Wie sie dies taten ist bis heute umstritten.

Philon von Byzanz, ein griechischer Erfinder und Autor, beschrieb, dass die Statue vor Ort und Schicht für Schicht gegossen wurde. Um die jeweils nächste Stufe zu erreichen, hätten die Rhodier einen großen Erdhügel aufgeschüttet, auf dem dann der nächste Gussvorgang erfolgt wäre. Diese Behauptung entspricht vermutlich nicht der Wahrheit. Der Erdhügel müsste noch heute sichtbar sein. Archäologen haben aber nichts dergleichen gefunden. Wahrscheinlicher ist, dass die Rhodier Stück für Stück des Heliosmonuments fertigten und die Einzelteile zusammenfügten.

Die Suche nach einem Mythos der Geschichte

Dass der Koloss von Rhodos dereinst existierte, gilt als gesichert. Weilen Reisende in der Inselhauptstadt, sollten sie sich auf Spurensuche begeben. Vor einigen Jahren stießen Wissenschaftler auf das Helios-Heiligtum. Die Tempelanlage scheint als Standort des Kolosses als am wahrscheinlichsten, beweisen lässt sich die These allerdings nicht. Die in späteren Büchern häufig abgedruckte Gestalt des breitbeinig über der Hafeneinfahrt stehenden Helios ist zwar populär, aber statisch nicht lösbar.

Spazieren geschichtsinteressierte Urlauber hinunter zur Mole St. Nikolaus, fällt sofort auf, dass die Figur, um über einigermaßen menschliche Proportionen zu verfügen, mindestens 60 Meter hoch hätte sein müssen. Die historischen Schriften sprechen indes von 70 Ellen. Dies entspricht einer Höhe von 30 bis 35 Metern. Weil ein Erdbeben im Jahre 226 vor Christus den Sonnengott zum Einsturz brachte, darf sich dem Rätselraten der Wissenschaftler angeschlossen werden. Die wunderhübschen Impressionen, die Reisende bei einem Aufenthalt auf Rhodos sammeln, entschädigen für diese Tatsache.

Das verschwundene, kolossale Weltwunder

Die antiken Schreiber berichten von Größe, Aussehen und Bauart des Kolosses. Über seinen genauen Standort verraten sie leider nichts. Vielleicht erschien es ihnen einfach blödsinnig, etwas so Großes, das weitum sichtbar war, genau zu verorten. Umso spannender für passionierte Hobbyhistoriker – auf Rhodos kann jeder Reisende zum Entdecker werden!

Titelbild: © istock.com -dim0n